Wie laut ist zu laut? Wenn der Festivalsommer Spuren im Ohr hinterlässt
| Datum: Freitag, den 18.07.2025 um 13:37 Uhr
Zwei Stunden Live-Musik, der Bass drückt in den Bauch, die Menge tobt – der Soundtrack deines Sommers. Doch kaum bist du raus, wirkt die Welt plötzlich dumpf. Stimmen klingen wie durch Watte, Geräusche kommen verzerrt an – als würde dein Kopf in einem Aquarium stecken und es piept in den Ohren. Kein cooler After-Effekt, sondern ein deutliches Zeichen: Dein Gehör hat gerade richtig gelitten.
Aber wie laut ist’s eigentlich auf einem Festival?
➡️ Zwischen 100 und 120 Dezibel – das ist vergleichbar mit einer Motorsäge direkt am Ohr. Schon ab 85 Dezibel kann’s kritisch werden. Und wenn du dir mit In-Ear-Kopfhörern volle Lautstärke gönnst? Kommt fast aufs Gleiche raus.
Was dabei passiert?
In deinem Innenohr sitzen winzige Sinneszellen – sogenannte Haarzellen. Sie nehmen Schallreize auf und geben sie ans Gehirn weiter. Doch: Sind sie überlastet oder beschädigt, können sie sich nicht regenerieren. Das Pfeifen oder Rauschen, das manchmal nach Konzerten bleibt, nennt man Tinnitus – und wenn’s chronisch wird, geht es nicht mehr weg. Musiker wie Chris Martin von Coldplay kann ein Lied davon singen – er lebt mit Tinnitus.
Und dann gibt’s noch die Maximalvariante: der Trommelfellriss.
Das passiert natürlich nicht auf einem Livekonzert. Aber wenn dein Ohr plötzliche extreme Lautstärke oder einen rasch ansteigenden Überdruck abbekommt, wie bei einer Explosion, kann das Trommelfell reißen. Auch bei einem direkten Schlag aufs Ohr besteht Gefahr. Typische Zeichen für einen Riss oder ein Loch: scharfer Schmerz, plötzlich schlechteres Hören, manchmal auch Schwindel oder ein leicht blutiger Ausfluss aus dem Ohr.
Wir waren im OP dabei, als einem jungen Patienten genau das passiert ist: Riss im Trommelfell, beschädigte Gehörknöchelchenkette. In unserer HNO-Klinik wurde das Trommelfell mikrochirurgisch ersetzt – mit körpereigenem Gewebe. Dabei wird hauchdünnes Material millimetergenau über den Riss gelegt. Zusätzlich wurden die Gehörknöchelchen – Hammer, Amboss, Steigbügel – neu ausgerichtet, damit die Schallweiterleitung wieder funktioniert. Feinarbeit unter dem OP-Mikroskop. Ergebnis: Das Hören kommt zurück.
Also: Trag Ohrstöpsel. Schone deine Ohren. Sie sind nicht unendlich belastbar. Denn was heute „nur“ nach Party klingt, kann morgen schon bleibend sein.